1801 – 1820

Am 9. Febr. 1801 wurde in Lunèville (bei Nancy) ein Frieden geschlossen, der den Rheinverlauf als endgültige Ostgrenze Frankreichs festschrieb. Nach einem von Frankreich und Rußland am 24. August 1802 ausgearbeiteten Plan über die Entschädigung der deutschen Fürsten für den Verlust ihrer linksrheinischen Gebiete sollten die geistlichen Fürstentümer und Besitzungen aufgelöst und diesen als Entschädigung übereignet werden. Dadurch verlor auch das Kurfürstentum Mainz seine Selbständigkeit. Die mainzischen Ämter Amöneburg, Neustadt, Fritzlar und Naumburg gelangten an die Landgrafschaft Hessen- Kassel und wurden durch den am 25. Februar 1803 zu Regensburg geschlossenen Reichsdeputationshauptschluss im sog. Fürstentum Fritzlar vereinigt und dem neuen Kurfürstentum Hessen (Kassel) einverleibt.

Beim Übergang des Amtes Amöneburg an Kurhessen besaß dieses insgesamt 4.821 Einwohner, wozu nochmals 14 jüdische Familien mit 66 Familienmitgliedern kamen. In Anzefahr lebten zu diesem Zeitpunkt 237 Menschen: 50 Männer, 40 Frauen, 17 Witwen, 73 Söhne, 57 Töchter.

Das Kurfürstentum wurde durch Dekret vom 18.8.1807 mit dem Herzogtum Braunschweig und Teilen von Hannover und Preußen im neugeschaffenen "Königreich Westfalen" zusammengefasst. Das Königreich wurde in Departements, die Departements in Distrikte und diese wiederum in Kantone unterteilt. Anzefahr gehörte zum Kanton Kirchhain. In der Beschreibung des Dorfes nach dem Lagerbuch von 1807 heißt es:

"Hiesige Dorfschaft zum Fürstentum Fritzlar gehörig liegt auf einem Hügel 2 kl. Stunden von Amöneburg 11/4 Std. von Kirchhain 1 Std. von Rauschenberg 2 Std. von Marburg ..., grenzt gegen Morgen an die Dorfschaft Stausebach gegen Mittag an Niederwald und Schönbach gegen Abend Betziesdorf und gegen Mitternacht an Sindersfeld.

Unter dem Dorfe fließt die Ohm... . Außerdem finden sich im hiesigen Dorfe 8 Brunnen, sodaß hiesige Dorfschaft hinlänglich mit Wasser versehen ist. Der so eben erwähnte Fluß heget Aale, krebse, Weißfische. ...Die damalige Viehherde bestand in 30 Pferde, 28 Ochsen, 86 Kühe und 461 Schafe. jeder Einwohner mit 10 Morgen darf 10 und je 1 Morgen mehr noch 1 Schaf mehr haben und werden gegenwärtig im Dorfe 2 Herden mit je circa 230 Schafen gehalten.

Hiesige Gemeinde hat von jeher die Gerechtigkeit ihr nötig habendes Bier selbst zu brauen, allein es ist solches wegen des abgebrannten Brauhaus seit mehreren Jahren in Verfall geraten, daher sie genötigt ist Bier in Kirchhain zu holen.

Die Dorfschaft besteht aus einem freien farr- Schul- Backhaus herrschaftl. Zehntscheuer, Hirtenhaus und 38 contributen Häuser, also So. 43 Gebäude und wohnen darin 47 Männer 47 Weiber 80 Söhne 57 Töchter 18 Knechte 19 Mägde. Unter diesen sind Hantierungs- und Gewerbetreibende 1 Schmied, 1 Schneider, 1 Leinweber, 1 Küfer, 1 Kanngießer, 4 Schuhmacher, 3 Maurer, 1 Wagner, 1 Müller, 2 Schäfer, 1 Kuhhirt, 1 Schweinehirt. ...

Die Mühle vor 1921

An der Ohm befindet sich die Ordensmühle. Diese Mühle ist dem Ludwig Krämer erbeigen, dem deutschen Orden zu Marburg zinsbar, ist mit 3 Mahl und 1 Ölgang versehen und wird durch die Ohm betrieben. 1819 ist ein Flutgang angelegt worden. ...
Allein weil der Müller durch die oft eintretende Flut seine Mahlgäste nicht immer befördern kann, so lassen die Einwohner Früchte in auswärtigen Mühlen, deren es in hiesiger Gegend viele sind, mahlen, wodurch ihm der größte Teil seines Verdienstes entzogen wird. ...

Es sind hier 3 Wirtshäuser vorhanden, wovon der Johannes Müller und der Schultheis Peter Jüngst die Erlaubnis zum Logieren besitzen, der dritte Volpert Schmitt aber nur Bier und Branntwein verzapfen darf. ...

Der Grund und Boden ist zwar nicht schwer, weil er größtenteils aus Sand besteht und der Pflug mit 2 Pferden, od. Ochsen auch Kühen bestellt werden kann, ... weil die Feldmark größtenteils hoch und bergig ist, so daß auf die entfernten 1 Fuhre Mist hinauszubringen 1 Stunde in Anspruch nimmt. ..."

Soweit eine Beschreibung unseres Dorfes.

 

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