Schlachtfeste in früherer Zeit

Landwirt Paul mit Kuhgespann

Schlachtfeste in früherer Zeit

Wer heute an den Theken der Frischfleischabteilung in Supermärkten steht, der ahnt nichts von der Arbeit bei der Schlachtung von Schweinen in früherer Zeit. Wir wollen einmal die Arbeit eines solchen Schlachttages kurz beleuchten.

Jeder Dorfbewohner, und wenn sein Landbesitz auch noch so klein war, hatte ein Schwein um es zur Winterszeit zu schlachten. Im Frühjahr, April-Mai, wurde Umschau gehalten nach einem Ferkel. Die Fütterung begann mit Milch u. gekochten Kartoffeln. Sobald die Dickwurz etwas größer waren, wurden sie geblättert und mit Kleie, Schrot oder Futtermehl vermengt. Gegen Herbst, wenn die Kartoffeln soweit waren, wurde auf Beschleunigung des Wachstums hingearbeitet. In einem Futterdämpfer wurden die Kartoffeln gegart, gedämpft, mit Schrot, Kleie u. Futtermehl gemischt und verfüttert.

Die ersten Schlachtungen begannen schon ab Mitte November wenn die kleinen Kartoffeln zur Neige gingen. Größere Bauern schlachteten zweimal. Zum Schlachten mussten Vorbereitungen getroffen werden, d. h. mit dem Hausmetzger wurde der Termin vereinbart, die Schlachtgewürze (Pfeffer, Majoran, Salz, Muskat, Nelken, Salpeter und Wurstkordel) besorgt werden. Vor der eigentlichen Schlachtung kam der Fleischbeschauer und gab grünes Licht. Nun begann die Arbeit für den Metzger; die Sau wurde mit einem Kälberseil oberhalb der Klaue festgebunden. Am Haus war in etwa 2 ½ Meter Höhe ein kräftiger Haken angebracht. Über diesen Haken wurde das Seil gehängt und das Schwein nach oben gezogen. Mit einem gezielten Schlag auf den Kopf wurde es betäubt und mit einem Stich in die Herzgegend getötet. Eine Schüssel fing das ausströmende Blut auf und es wurde in einem Emaile-Eimer mit einem Rührlöffel geschlagen, um die Gerinnung zu verhindern. Danach legte man die Sau in eine große Holzwanne, übergoß sie mit heißem Wasser, nahm sie heraus und legte sie auf eine über die Wanne verbrachte Leiter oder Holzbretter. Mit dem Schabeisen wurde sie von den jetzt leicht abgehenden Borsten befreit. Auch zog man ihr die Klauen mittels eines am Schabeisen befindlichen Hakens ab.

Hausmetzger Heinrich Bauerbach

Der nächste Arbeitsgang war das Anbringen des Henkholzes: ein kräftiges, leicht gebogenes, ovales, etwa 1 Meter langes Holzstück mit Einkerbungen an beiden Enden und am Scheitelpunkt mit einem Ring u. S-Haken versehen. Zwischen Klaue und Kniegelenk trennte man die Beine auf und stieß die Enden des Henkholzes durch. Nun wurde das Schwein kopfunter mittels des Henkholzes auf einer Leiter oder an den bereits erwähnten Wandhaken aufgehängt. Nun begann die Zerlegung. Zunächst wurden die Eingeweide herausgenommen und getrennt: Därme, Magen, Blase, Lunge, Leber, Herz u. Nieren. Der Nabel wurde ebenso entfernt und für die Meisen aufgehängt. Man wartete jetzt auf den Fleischbeschauer, der mit einer kleinen Schere winzige Proben vom Fleisch, Niere u. Lunge entnahm um die Trichinenfreiheit zu untersuchen. War alles einwandfrei, wurde das Fleisch freigegeben und durch zwei Stempelabdrücke am Hinterschenkel dokumentiert. Därme, Magen u. Blase wurden nun am fließenden Wasser entleert und mußten gereinigt werden. Inzwischen war das Kesselwasser heiß und nach der Zerlegung wurden bestimmte Teile wie Kopf u. Speckteile in den Kessel gelegt. Vom Speck wurden die Grieben für die Blutleberwurst benötigt, der Kopf wurde zu Wellfleisch verwandt. Der Metzger benutzte eine Holzmulde, in der die verschiedenen Zutaten gemischt werden konnten. Je nach Wurstart wurden durch den Wolf gedrehte Teile, zerkleinerter Speck und die Gewürze in der Holzmulde bearbeitet. Dabei schmeckte der Metzger immer ab und prüfte den Teig. War alles zur Zufriedenheit, kam die Masse in die Füllmaschine hinein. Über den Füllstutzen wurde nun der Darm gezogen und die Wurstmasse hineingepresst. Mit der Wurstkordel band der Metzger die Wurst ab und legte die rohen Würste in den Kessel, dessen Wasser nicht zu heiß sein durfte. Mit einer zweizinkigen Gabel stach er in die Würste, damit die Luft entweichen konnte.

Am Abend wurde Wurstsuppe ausgetragen, waren Kinder dort, kamen 1 oder 2 kleine Würstchen hinzu.

Der größte Teil der Würste wurde geräuchert. In den alten Lehmschornsteinen war reichlich Platz zum Räuchern. Mitte bis Ende der zwanziger Jahre mussten die alten Lehmschornsteine durch Backsteine erneuert werden; mit dem Räuchern war es somit vorbei. Viele Leute bauten sich nun eine Räucherkammer. In der Räucherperiode wurde hauptsächlich mit Buchen oder Eichenholz gebrannt. Die Kammer betrieb man mit Sägemehl.

Schinken und Seitenstücke kamen in den Fleischständer; sie wurden in die Lake gelegt. Die Pökelbrühe wurde in einem Emaileimer angemacht. Das Wasser mußte soviel Salzgehalt besitzen, dass eine rohe, geschälte Kartoffel nicht unterging. Das Fleisch wurde so gelegt, daß es keine Hohlräume gab. Waren die Fleischwaren lange genug in der Lake, wurden sie herausgenommen und zunächst an die Luft gehängt, damit sie trocknen konnten. Danach kam alles in die Räucherkammer und später wurde das geräucherte Fleisch an einer luftigen Stelle, meist auf dem Dachboden, aufgehängt.

Für die Hausfrau war nun der Küchenzettel einfacher geworden.

 

Weiter